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11.04.2015 Die Nequarquelle

Von der wohltuenden Wirkung der Bilder

„Zwischen Duktus und Gestik“: Ausstellung von Gerhard Messner in der Kreissparkasse

„Es gibt Maler, die die Sonne in einen gelben Fleck verwandeln. Es gibt aber andere, die dank ihrer Kunst und Intelligenz einen gelben Fleck in die Sonne verwandeln können“, sagt Pablo Picasso. Der Trossinger Künstler Gerhard Messner „gehört zu den Letzteren“.

ALFRED THIELE

Trossingen. Eine Feststellung, mit der Kreissparkassen-Direktor Harald Gnirß dem Trossinger Maler und Grafik-Designer anlässlich der Vernissage seiner neuen Ausstellung in den Geschäftsräumen der Bank ein wirklich wunderbares Kompliment machte. Die Eröffnung der Präsentation „Zwischen Duktus und Gestik – Abstrakt-expressive Malerei“ am Donnerstagabend war bestens besucht, musikalisch beflügelt wurde sie von Thomas Förster am Piano mit salonesk-gefühlvollen Kompositionen und Improvisationen zwischen Klassik und Jazz. Harald Gnirß freute sich über die „großartige Symbiose, die Kunst und Bank zusammenführt“, um so den Blick auf die Welt zu erweitern. „Unsere Kunden werden in den kommenden Wochen sicher ein bisschen länger in den Geschäftsräumen verweilen“. Gerhard Messners Kunst werde sie inspirieren, sagte Gnirß: „Es wäre schön, wenn sich in der Kreissparkasse somit auch Gespräche jenseits des Geldes ergeben.“ Professor Dr. Thomas Kabisch, Musikwissenschaftler, Philosoph, Freund und Kenner der Schönen Künste und Dozent an der Trossinger Hochschule, führte mit essayistischem Tiefgang in Messners Werk ein und beleuchtete zentrale Fragen der Malerei und des Umgangs mit Kunst im 20. Und 21. Jahrhundert. Der Titel der Ausstellung, „Zwischen Duktus und Gestik“, verweise auf die Transformation, die sich „im Spannungsfeld von Außenbezügen und innerer Dynamik des Bildwerks“ ereigne, und „aus der schließlich ein Bild hervorgeht, das dem Betrachter viele und immer wieder neue Möglichkeiten der Betrachtung bietet.“ Kabisch erinnerte an das 1917 erschienene „System der schönen Künste“ des französischen Philosophen Émile-Auguste Chartier (1868 bis 1951), der zwischen den Weltkriegen als „moralische Stimme“ Frankreichs hohes Ansehen genoss und unter dem Pseudonym „Alain“ bekannt geworden ist. Mit der zentralen Frage in Alains Betrachtungen gab Thomas Kabisch Denkanstöße zur Auseinandersetzung mit dem Werk Messners sowie mit der Malerei schlechthin: „Welchen spezifischen Beitrag leisten die Künste, dass wir in der Welt heimisch werden und dass wir uns mit der physischen und sozialen Welt vertraut machen und dabei auch uns selbst erfahren, die Wirkung der passiones, der Leidenschaften, und die Mechanismen der Imagination, der Einbildungskraft?“ Bilder, die „welche sind“, so Thomas Kabisch, „helfen gegen die totale Bebilderung der Umwelt und vor allem gegen die von Bildern und Slogans ausgehende Kontaminierung unserer Umgebung durch Aufladung mit Bedeutungen.“ In der künstlerischen Wahrnehmung schärften sich schließlich die Wahrnehmung der Welt und die Selbstwahrnehmung: „Das Auge wird erquickt“. Damit Bilder diese „wohltuende Wirkung“ überhaupt entfalten können, gelte es, einen regelmäßigen Umgang mit ihnen zu pflegen – in Museen genauso wie in der eigenen, häuslichen Umgebung, unterstrich Professor Kabisch, der auch im aktuellen, gerade erschienenen 58. Band der Reihe „Schriften der Baar“ einen ausführlichen Essay über das Werk Gerhard Messners veröffentlicht hat. Der Kauf von Bildern ist für den Philosophen und Musikwissenschaftler demzufolge eine „unverzichtbare Weise, um mit Kunstwerken in nähere Verbindung zu treten“ und eine weitere Form, Kunst in das eigene Leben hineinzulassen: „Die regelmäßige ‚Erquickung der Augen‘ wirkt Wunder.“

(Erschienen: 11.04.2015)